09 Dezember 2014

25 Jahre Gipfel von Straßburg: Wie eine EU-Vertragsreform gelingt

Dass vor 25 Jahren (und einem Monat) die Berliner Mauer fiel, blieb auch für die EU nicht folgenlos.
Abgesehen von der Gründung der Europäischen Gemeinschaften in den fünfziger Jahren, war der Maastrichter „Vertrag über die Europäische Union“, der 1992 unterzeichnet wurde, ohne Zweifel der größte Integrationsschub, den das europäische politische System jemals erfahren hat. Er führte nicht nur zur Gründung der europäischen Währungsunion, sondern auch zu einem noch nie zuvor dagewesenen Ausmaß an überstaatlicher Demokratie: So erhielt das Europäische Parlament erstmals ein Mitspracherecht bei der Wahl der Europäischen Kommission und konnte mit dem neu eingeführten „Mitentscheidungsverfahren“ (heute das „ordentliche Gesetzgebungsverfahren“ der EU) in einigen Politikfeldern als gleichberechtigter Gesetzgeber neben dem Ministerrat tätig werden, während zugleich nationale Vetorechte abgebaut wurden. Und schließlich führte der Vertrag von Maastricht die Unionsbürgerschaft ein, dank derer alle Bürger der EU unabhängig von ihrer nationalen Staatsangehörigkeit an lokalen Wahlen an ihrem Wohnort teilnehmen können.

Doch ein Vertrag wie jener von Maastricht fällt natürlich nicht vom Himmel. Vielmehr gingen ihr mehrere Jahre voraus, während deren die Befürworter einer vertieften Integration in mühsamen Verhandlungen auf die Reform hinarbeiteten. Ein wichtiger Zwischenerfolg war dabei der Gipfel von Straßburg, der am heutigen Dienstag vor genau 25 Jahren stattfand. Der Jahrestag kann deshalb auch als Anlass dienen, um sich im geschichtlichen Rückblick die Frage zu stellen, wer die Fürsprecher einer gestärkten europäischen Demokratie eigentlich waren – und wie es dazu kam, dass sie mit ihren Forderungen, die den meisten Beobachtern damals lange Zeit reichlich unrealistisch erschienen, zuletzt einen solchen Erfolg erzielten.

Der gescheiterte Spinelli-Entwurf von 1984

Die Europawahl 1979 brachte dem Europäischen Parlament zwar keine neuen Kompetenzen, aber setzte den Ball in Bewegung.
Sucht man nach einem Anfangspunkt für die Dynamik, die schließlich zum Vertrag von Maastricht führte, so wird man wohl am ehesten bei der Europawahl im Juni 1979 fündig, bei der die Mitglieder des Europäischen Parlaments erstmals direkt von den Bürgern gewählt (statt von den Abgeordneten der nationalen Parlamente delegiert) wurden. Zwar hatte das Parlament auch nach der Wahl kaum Kompetenzen, doch die gesteigerte demokratische Legitimität führte zu einem stärkeren Selbstbewusstsein der Europaabgeordneten. Und so machten sie sich auf Initiative des bekannten Föderalisten Altiero Spinelli, der als Unabhängiger auf der Liste der italienischen Kommunisten ins Parlament gewählt worden war, eigenständig daran, einen Entwurf für einen „Vertrag über die Europäische Union“ auszuarbeiten.

Dieser Spinelli-Entwurf, den das Parlament am 14. Februar 1984 verabschiedete (hier der Wortlaut, hier mehr zur Entstehungsgeschichte), enthielt bereits zahlreiche Kernbestandteile des späteren Vertrags von Maastricht, unter anderem das Mitentscheidungsverfahren und das Mitspracherecht des Europäischen Parlaments bei der Ernennung der Europäischen Kommission. Kurzfristig aber war er ein prächtiger Reinfall: Die nationalen Regierungen und Parlamente dachten überhaupt nicht daran, ihn durch eine Ratifikation in Kraft zu setzen.

Der Adonnino-Ausschuss für das „Europa der Bürger“

Stattdessen ernannte der Europäische Rat Mitte 1984 zwei sogenannte Ad-hoc-Ausschüsse, die sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten und der Kommission zusammensetzten. Der erste dieser Ausschüsse, nach seinem Vorsitzenden als Dooge-Ausschuss bekannt, sollte Vorschläge für eine institutionelle Reform erarbeiten; der zweite, bekannt als Adonnino-Ausschuss, sollte Maßnahmen vorschlagen, um ein „Europa der Bürger“ zu gestalten.

Beide Ausschüsse präsentierten ihre Ergebnisse ein Jahr später. Der Dooge-Ausschuss beschränkte sich dabei auf eine begrenzte Anzahl konkreter Änderungen im Vertragssystem, von denen die meisten Ende 1985 in der Einheitlichen Europäischen Akte umgesetzt wurden. Der Adonnino-Ausschuss hingegen erarbeitete ein munteres Sammelsurium an Vorschlägen, von denen einige (etwa die jährliche Ernennung einer „europäischen Kulturstadt“ oder die offizielle Einführung der bereits zuvor verwendeten Europaflagge) eher harmlos waren und ohne viel Aufhebens verwirklicht wurden. Andere hingegen griffen tief in die Verfassungsordnung der Mitgliedstaaten ein – insbesondere der Vorschlag eines allgemeinen Kommunalwahlrechts für alle Bürger von EG-Mitgliedstaaten an ihrem jeweiligen Wohnort.

Kein Interesse im Europäischen Rat

Dieser Vorstoß – der im Adonnino-Ausschuss vor allem von dem Vertreter der Europäischen Kommission, dem italienischen Sozialisten Carlo Ripa di Meana, vorangetrieben wurde – wurde von den nationalen Regierungen allerdings ebenso wenig aufgegriffen wie der Spinelli-Entwurf. Stattdessen konzentrierte sich die Einheitliche Europäische Akte, die Anfang 1987 in Kraft trat, auf die Vollendung des europäischen Binnenmarkts: ein gewaltiges wirtschaftspolitisches Projekt, das bis 1993 umgesetzt werden sollte und sämtliche Energie zu beanspruchen schien, die die Mitgliedstaaten für die EG aufzubringen bereit waren.

Von einem demokratischen Europa der Bürger war hingegen bis auf Weiteres keine Rede mehr, was nicht zuletzt an der britischen Premierministerin Margaret Thatcher (Cons.) lag. Nachdem diese weiteren europäischen Integrationsschritten schon zuvor nur eher unwillig zugestimmt hatte, erteilte sie ihnen in einer vielbeachteten Ansprache in Brügge 1988 eine definitive Absage: Nur „Kooperation zwischen souveränen Staaten“ sollte die Zukunft der EG sein und die „obskuren institutionellen Debatten“ müssten endlich ein Ende finden.

Auf der anderen Seite verblieb nur das Europäische Parlament, das in den Jahren 1988 und 1989 nicht weniger als sieben Resolutionen verabschiedete, in denen es das Demokratiedefizit der EG anprangerte und mehr Mitspracherechte bei der europäischen Gesetzgebung einforderte. Unterstützung fand es dabei durch ein konsultatives Referendum in Italien, bei dem fast 90 Prozent der Wähler den Kurs des Europäischen Parlaments unterstützten, und durch die großen europäischen Parteifamilien: die Europäische Volkspartei (EVP), den Bund der Sozialdemokratischen Parteien der EG (BSPEG, Vorgänger der heutigen SPE) und den Bund der Europäischen Liberalen, Demokratischen und Reformparteien (ELDR, heute ALDE). Der Europäische Rat aber blieb beharrlich dabei, diese Vorstöße zu ignorieren, und so verschwand eine Parlamentsresolution nach der nächsten ergebnislos in der Schublade.

Der Vorstoß zur Währungsunion

Nur wenig mehr Erfolg versprach ein anderes Projekt, das vor allem der 1985 neu ernannte Kommissionspräsident Jacques Delors (PS/BSPEG) vorantrieb: die europäische Währungsunion. Das seit 1979 bestehende Europäische Währungssystem (bei dem sich alle Mitgliedstaaten darauf verpflichteten, den Kurs ihrer nationalen Währungen innerhalb einer bestimmten Bandbreite aufeinander abzustimmen) hatte während der 1980er Jahre deutliche Schwächen gezeigt. Insbesondere führte das wirtschaftliche Übergewicht Deutschlands dazu, dass die deutsche Bundesbank faktisch die Geldpolitik für alle Mitgliedstaaten vorgab – dabei aber natürlich nur die Interessen der deutschen Wirtschaft, nicht die der EG insgesamt im Blick hatte.

Vor allem die französische Regierung drängte deshalb auf eine Überarbeitung des EWS. Tatsächlich hatte Delors selbst, der von 1981 bis 1984 unter François Mitterrand (PS/BSPEG) französischer Finanzminister gewesen war, bereits einige Reformvorschläge für ein faireres EWS gemacht, die jedoch von der deutschen Bundesregierung unter Helmut Kohl (CDU/EVP) abgewiesen worden waren. Als Kommissionspräsident steckte er sein Ziel schließlich noch höher und schlug (unter Rückgriff auf den bereits 1970 beschlossenen, dann aber wieder aufgegebenen Werner-Plan) eine vollständige Währungsunion mit einer gemeinsamen Europäischen Zentralbank vor.

Der Delorsplan und sein vorläufiges Scheitern

Obwohl diese Idee in Deutschland und Großbritannien auf wenig Gegenliebe stieß, gelang es Delors und Mitterrand im Juni 1988, den Europäischen Rat zur Einsetzung eines Ausschusses zu bewegen, der die Möglichkeit einer Währungsunion wenigstens prüfen sollte. Mitglieder des Ausschusses waren (neben drei unabhängigen Experten) die zwölf nationalen Zentralbankchefs, Vorsitzender war Delors selbst. Und tatsächlich legte der Ausschuss im April 1989 einen detaillierten Plan vor, der in drei Stufen zu einer Währungsunion führen sollte. Die erste Stufe beschränkte sich dabei allerdings auf eine bessere Koordinierung innerhalb des alten EWS, erst für die zweite und dritte Stufe war eine Vertragsreform notwendig.

Und es kam, wie es kommen musste: Während Frankreich den Plan nachdrücklich begrüßte, erklärte die britische Regierung, dass sie eine einheitliche europäische Währung niemals akzeptieren würde. Die deutsche Bundesregierung wiederum äußerte zwar grundsätzliches Wohlwollen, spielte dabei aber auf Zeit. Nachdem bei der Europawahl im Juni 1989 die rechtspopulistischen Republikaner in Deutschland 7,1 Prozent der Stimmen erreicht hatten (übrigens genau den gleichen Anteil wie 2014 die AfD), wollte Helmut Kohl auf jeden Fall vermeiden, dass das Ende der D-Mark vor dem Bundestagswahlkampf 1990 zum Thema würde. Wenige Wochen nach der Wahl beschloss der Europäische Rat deshalb, erst einmal nur die erste Stufe des Delors-Plans umzusetzen.

Die Vertragsreform hingegen wurde auf einen unbenannten Zeitpunkt verschoben – und angesichts der britischen Position zweifelte kaum ein Beobachter daran, dass dieser Zeitpunkt der Sankt-Nimmerleinstag sein würde. Die französische Regierung, die in der zweiten Jahreshälfte den Vorsitz im Europäischen Rat übernahm, setzte zwar noch eine Arbeitsgruppe mit hochrangigen Beamten aller Mitgliedstaaten ein, um eine Annäherung der Positionen zu erreichen. Doch alles, was diese bis Anfang November 1989 erreichte, war ein Katalog der Meinungsunterschiede, die einen weiteren Fortschritt verhinderten.

Der Fall der Berliner Mauer

Und dann geschah das, womit fast niemand gerechnet hatte: Am 9. November 1989 fiel die Berliner Mauer, und innerhalb kürzester Zeit verschoben sich die europapolitischen Koordinaten. Zum alles dominierenden Thema wurde plötzlich die deutsche Wiedervereinigung, die sich Helmut Kohl entschlossen zum Ziel setzte. Dafür freilich benötigte er die Zustimmung der vier alliierten Besatzungsmächte: außer den USA und der Sowjetunion auch die EG-Partner Frankreich und Großbritannien.

Am 18. November kam es in Paris zu einem kurzfristig anberaumten Treffen des Europäischen Rates, bei dem vor allem Margaret Thatcher die deutsche Einheit vehement ablehnte. François Mitterrand hingegen drohte zu keinem Zeitpunkt mit einem Veto gegen die deutsche Einheit. Dennoch erkannte er die Gunst der Stunde für einen neuen Vorstoß in Sachen Währungsunion und drängte Kohl, nun endlich einem Zeitplan für die dafür notwendige Vertragsreform zuzustimmen. Zugleich erkannte auch der Bundeskanzler, dass die Wiedervereinigung zu einer weiteren Zunahme des wirtschaftlichen und politischen Übergewicht Deutschlands in Europa führen konnte – und dass es deshalb nötig war, das Land durch einen möglichst unumkehrbaren Integrationsschritt in die EG einzubinden, um Vertrauen zu schaffen und die Rückkehr zu einer aggressiven nationalen Machtpolitik von vornherein auszuschließen.

Kohls Junktim auf dem Gipfel von Straßburg

Und natürlich führte der Weg auch über einen deutsch-französischen Deal.
Kurz vor dem Gipfel von Straßburg änderte Kohl deshalb seine Strategie und akzeptierte Mitterrands Wunsch, sich schon jetzt auf eine Eröffnung der Regierungskonferenz im Dezember 1990 (also unmittelbar nach der geplanten Bundestagswahl) festzulegen. Gleichzeitig aber bestand er darauf, dass die einheitliche Währung nicht das einzige Thema dieser Verhandlungen sein dürfe: Wenn es schon notwendig wurde, der deutschen Öffentlichkeit den Verzicht auf die geliebte D-Mark schmackhaft zu machen, dann sollte diese bittere Pille wenigstens von einem Zuckermantel mit anderen Themen umhüllt werden. Wenn man sich also an eine Vertragsreform machte, dann sollte sie so umfassend wie möglich ausfallen.

Dafür aber benötigte der Bundeskanzler dringend Ideen für weitere Integrationsschritte, die sich mit der Währungsunion verbinden ließen. Er griff also in die Schublade für unbeachtete Reformvorschläge – und fand dort einen Stapel von Resolutionen des Europäischen Parlaments. Am 5. Dezember 1989 erklärte Kohl in einem Brief an Mitterrand, neben der einheitlichen Währung müsse es auch Fortschritte in anderen Bereichen geben. Insbesondere halte er es
für unbedingt notwendig, in die anstehenden Reformen die Erweiterung der Rechte des Europäischen Parlaments – das ja hierzu […] [bereits] erste Vorstellungen angemeldet hat – einzubeziehen. Die Durchsetzung der Übertragung neuer Befugnisse auf die europäischen Institutionen […] erscheint mir nur möglich, wenn wir gegenüber unseren Parlamenten klar festhalten können, daß in gleichem Maße das Europäische Parlament mehr Kontrollrechte erhält.
Der Vertrag von Maastricht

Danach ging alles ziemlich schnell. Obwohl Mitterrand hinter Kohls Schreiben zunächst nur einen neuen Versuch witterte, die Währungsunion zu verschleppen, ließ er sich letztlich auf den Vorstoß des Bundeskanzlers ein. Jacques Delors wiederum warnte zwar, man solle die Regierungskonferenz nicht mit zu vielen Themen überlasten – schlug aber vor, man könnte vielleicht zwei parallel laufende Konferenzen einrichten, von denen die eine die Währungsunion, die andere die „Politische Union“ zum Thema haben würde. Im März 1990 legte das Europäische Parlament eine neue Resolution vor, in der es noch einmal seine Reformwünsche ausformulierte. Das italienische Parlament erklärte seine Unterstützung dazu; die belgische Regierung preschte mit einem eigenen Memorandum vor, das unter anderem den Vorschlag des Adonnino-Ausschusses zum allgemeinen Kommunalwahlrecht aufgriff. Andere Regierungen folgten mit ähnlichen Ideen. Im Juni 1990 wurde die Einberufung der zweiten Regierungskonferenz beschlossen.

Die generelle Ablehnung Margaret Thatchers spielte indessen plötzlich kaum noch eine Rolle. Als Großbritannien Mitte 1990 in eine Rezession eintrat und die Tories in Umfragen deutlich zurückfielen, schwand der parteiinterne Rückhalt für den europaskeptischen Kurs der Premierministerin. Nach einem Gipfel in Rom im Oktober 1990, bei dem ihre völlige Isolierung in der EG deutlich wurde, kam es schließlich zu einer Revolte des proeuropäischen Flügels. Am 22. November musste Thatcher zurücktreten und wurde durch den kompromissbereiteren John Major ersetzt.

Als im Dezember 1990 schließlich die Regierungskonferenzen für die Vertragsreform eröffnet wurden (inzwischen war Deutschland wiedervereinigt und Kohl hatte die Bundestagswahl gewonnen), waren also alle wesentlichen Vorentscheidungen bereits gefallen. Es folgten dann noch mehrere Monate mühsamer Verhandlungen über Einzelfragen, bei denen einige der ambitioniertesten Vorschläge auch wieder zurückgenommen wurden. Am Ende aber stand mit dem Vertrag von Maastricht der größte Einzelschritt in Richtung einer europäischen Demokratie, den die EU bis heute erlebt hat.

Und heute?

Was lässt sich daraus für die heutigen Bemühungen um eine weitere Demokratisierung und eine neue Vertragsreform lernen? Zunächst einmal sicher, dass die nationalen Regierungen eine Art Türwächter-Funktion einnehmen: Solange sie sich verweigern, ist es so gut wie unmöglich, eine Reform zu verwirklichen. Zu einer Vertragsänderung kommt es erst, wenn genügend Regierungschefs darin auch einen Nutzen für ihre eigenen nationalen Interessen sehen.

Zum anderen zeigt Kohls Beispiel in Straßburg aber auch, dass es sich für eine Regierung manchmal lohnen kann, die Flucht nach vorne anzutreten. Gewiss: Der Verzicht auf die D-Mark war in der deutschen Öffentlichkeit unbeliebt. Aber im entscheidenden Moment entschied sich Kohl eben nicht dafür, die Währungsunion weiter zu blockieren, sondern versuchte stattdessen einen großen Wurf – und wurde dafür nicht nur mit einer europäischen Ehrenbürgerschaft, sondern auch mit einem Bundestagswahlsieg belohnt.

Vor allem aber kann die Geschichte all jene ermutigen, die heute scheinbar vergeblich neue europäische Vertragsänderungen vorschlagen: von der Spinelli-Gruppe im Europäischen Parlament bis zu den Bloggern, die hier vor einigen Monaten ihre Reformpräferenzen beschrieben haben. Auch die Vorschläge für den Vertrag von Maastricht gingen nicht von den Regierungen aus, sondern vor allem von der Kommission und von den föderalistischen Aktivisten im Europäischen Parlament. Im Europäischen Rat stießen sie damit erst einmal auf taube Ohren, und womöglich wäre das ohne den welthistorischen Zufall des Zusammenbruchs der DDR auch noch lange so geblieben. Aber nur weil das Parlament trotz der scheinbaren Aussichtslosigkeit beharrlich blieb, konnte Kohl vor dem Gipfel von Straßburg auf konkrete Vorschläge zurückgreifen. Und so wurde aus den eben noch so unrealistischen Forderungen plötzlich eine ganz reale Reform.

Bilder: by Andreas Krüger [CC BY-NC 2.0], via Flickr; by Deutsche Bundespost (scanned by NobbiP) [Public domain], via Wikimedia Commons; by Bundesarchiv, B 145 Bild-F076604-0021 / Schaack, Lothar / CC BY-SA [CC-BY-SA-3.0-de], via Wikimedia Commons

1 Kommentar:

  1. Das Mitenscheidungsverfahren ist ein Fortschritt, keine Frage, aber es wird m.E. in der Regel zu unkritisch als gleichberechtigt mit den Kompetenzen des Rates dargestellt. Artikel 294 AEUV regelt das Mitentscheidungsverfahren. In zweiter Lesung kann das EP nur mit Mehrheit seiner Mitglieder (nicht der Abstimmenden) einen Beschluss des Rates ändern oder verwerfen. Reagiert das EP innerhalb von drei Monaten nicht, ist die Vorlage angenommen. Aufgrund dieser Vorgaben hat die Kommission und der Rat und deren Initiativen einen prozessualen Vorteil, einen strukturellen Vorteil haben sie als kleinere Gremien mit besserer Ausstattung ohnehin.

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